Eine ‚Generation-Corona‘ ist keine Option

Es ist paradox: Covid-19 gefährdet junge Menschen gesundheitlich am wenigsten. Trotzdem gehören sie zu denen, deren Leben die Pandemie am stärksten verändert hat. Das Virus nimmt ihnen die Chance auf Erlebnisse, die das Jungsein ausmachen: Schnupperlehre oder Praktikum, um herauszufinden was man im Leben eigentlich machen möchte? Aktuell selten möglich. Abschlussfeier oder Party zum 18. Geburtstag? Abgesagt. Auslandsaufenthalt oder erster Urlaub ohne Eltern? Verschoben. Durchtanzte Partynächte mit Freunden? Vielleicht nächstes Jahr. Dazu kommt bei vielen die Angst vor einer unsicheren Zukunft. In der aktuellen Debatte um Infektionszahlen und Impfquoten fallen der veränderte Lebensalltag und die Sorgen der jungen Menschen Dinge meistens unter den Tisch.

Verantwortungslosigkeit, Leichtsinn und mangelnde Solidarität?

Wenn es um Jugendliche und junge Erwachsene und ihre Rolle in der Pandemie geht, ist oft von Egoismus die Rede, von Verantwortungslosigkeit, Leichtsinn und mangelnder Solidarität gegenüber den Älteren und Alten. Zu Unrecht. In einer Sonderauswertung ihrer Studie „Junge Deutsche 2021“ zeichnen Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann ein ganz anderes Bild: Demnach sagen 72% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass sie sich rücksichtsvoll verhalten, um Familie und Freunde nicht zu gefährden. 66% finden es wichtig, wegen Corona auf Feiern und Partys zu verzichten.

72 Prozent

der jungen Menschen in Deutschland verhalten sich rücksichtsvoll, um Familie und Freunde nicht zu gefährden.

Der Covid-19-Impact-Survey, eine der weltweit größten Langzeit-Befragungen zu den Auswirkungen der Pandemie, bestätigt dies: 67% der Männer und 83% der Frauen zwischen 18 und 29 Jahren antworten, dass sie die Zahl ihrer Kontakte reduziert haben – deutlich mehr als in den anderen Altersgruppen. Auch wenn es um die Einhaltung der Hygiene-Maßnahmen geht, schränken sich die Jungen ein. 64% der Männer und 80% der Frauen der Altersgruppe sagen, dass sie Schutzmasken tragen. Ältere Menschen tun das laut Studie deutlich weniger.

Einsam, besorgt, gestresst: Junge Menschen leiden besonders unter den Einschränkungen

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche junger Menschen werden immer deutlicher. Laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage leiden 63% von ihnen unter Einsamkeit und den pandemiebedingten Einschränkungen. Auch der Covid-19-Impact Survey hat nach den Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche der Menschen gefragt. Das Ergebnis: 49% der Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sagen, dass sie zu Hause deutlich mehr „große Sorgen“ wahrnehmen. 37% geben das für Einsamkeit an, knapp 30% für Traurigkeit. Bei den über 60-Jährigen sind diese Werte deutlich geringer.

63% der jungen Menschen

leiden während der Pandemie unter Einsamkeit.

Die Perspektive der Jungen kommt zu kurz

Zu alledem kommt bei vielen jungen Menschen der Eindruck, nicht gesehen und nicht gehört zu werden. In den politischen Diskussionen geht es allzu oft um ihre Rolle im Infektionsgeschehen, um Abschlussprüfungen und die Auswirkungen des drohenden Bildungsmangels auf die Wirtschaft – die Perspektive der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt dabei zu kurz.

Und jetzt? Anstatt nun ins Gegenteil zu verfallen, die Jungen pauschal als Pandemie-Opfer zu bedauern und damit eine verlorene „Generation-Corona“ heraufzubeschwören, sollten wir genau hinschauen und zuhören. Einmal mehr gibt uns die Krise auch die Chance, zu verstehen und zu lernen. Wir sollten miteinander reden und wir sollten die Jungen in anstehende Entscheidungen einbeziehen, die sie am Ende mittragen müssen. Auf dem Spiel steht, das Vertrauen einer ganzen Generation und damit der Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Der COVID Impact Survey wurde von Nuria Oliver, Chief Scientific Advisor des Vodafone Instituts, für die ELLIS Alicante Foundation durchgeführt. Die Umfrage zählt zu den weltweit größten Langzeitbefragungen zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Gesellschaft.

Hier direkt selbst an der Umfrage teilnehmen!

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